Offene Bühne Klezmer-Musik und Wortakrobat begeistern
Was lapidar als Klezmer-Musik angekündigt worden war, entpuppte sich auf der Offenen Bühne in Groß-Rohrheim als fast schon abenteuerliche Mixtur. Das Trio „Heimatring“ – mit Frank Binder (Sopransaxofon), Martin Hertel (Knopf-Akkordeon) und Reinhard Pleil (Gitarre) – begeisterte das Publikum mit Klängen aus dem Norden Rumäniens. Es gab nicht nur kräftigen Beifall, es wurde auch fröhlich im Takt mitgeklatscht.
Reinhard Pleil, der längere Zeit in Rumänien gearbeitet hatte, war auf das in einem Karpatental versteckte Dorf Weilau aufmerksam geworden, wo die Musikkulturen der Siebenbürger Sachsen, der osteuropäischen Juden, der Slawen und nicht zuletzt auch der Roma quicklebendig sind. Pleil hat die Musik in der Kirche, in Wirtshaussälen und auf Dorfplätzen aufgenommen. Diese „Konserven“ benutzt das Trio seit gut einem halben Jahr als Rohmaterial fürs eigene Repertoire. Herausgekommen ist eine wunderschöne Mischung.
Im Gespräch mit den drei Musikern stand natürlich die Frage nach den Instrumenten ganz vorne an. Dazu erklärte Frank Binder, dass in dieser Musik nicht nur die Klarinette eingesetzt wird, sondern auch ein saxofonartiges Holzblasintrument, das dem Sopransaxofon nahe steht. Ganz abgesehen davon, dass in der Musik, die die osteuropäischen Juden nach Amerika mitgebracht hatten, Saxofone erklingen.
Aus jedem der vier verschiedenen Kulturkreise hatten die Heimatring-Musiker repräsentative Stücke ausgewählt, darunter eine unterhaltsame Weise, die ein Schüler Giora Feidmans komponiert hat, aber auch weitere Stücke im Walzer- und Tango-Takt. Und mit den beiden Stücken „Otschi tschornyje“ (schwarze Augen) und „Petite Fleur“ wurde ein kühner, aber durchaus einleuchtender Bogen zum Jazz geschlagen. Hatten doch jüdische Musiker, die in den frühen 1920er Jahren in die USA ausgewandert waren, den Übergangsstil von New Orleans und Dixieland zum Swing maßgeblich mit beeinflusst.
Außerdem trat Gusto, der Sprachentdecker auf, der vom Publikum mit herzlichem Beifall begrüßt wurde. Er war schon vor gut einem halben Jahr auf der Offenen Bühne aufgetreten. Wieder zitierte er aus seinem „Book on demand“-Büchlein. Die Wortspiele, manchmal eher flach und dann wieder von tiefer Nachdenklichkeit geprägt, erheiterten das Publikum sichtlich. So gab’s zum Applaus auch noch fröhliches Gelächter.
© Südhessen Morgen, Freitag, 06.03.2020, eib