Wer dabei war – hat es erlebt!!!
Die erste Offene Bühne 2008 – © Sabine Weidner
Was für eine Mischung! Die erste Offene Bühne 2008 bot von Anfängern über Könner bis zu Spezialisten alles, was kleinkünstlerisch machbar ist. Im bis auf den letzten Platz besetzten Nebenraum des griechischen Restaurants „Zorbas“ kochte die Stimmung hoch: Ganze Familien hatten ihren Nachwuchs begleitet, der erstmals auf der Bühne stand, Heinz Burger lieferte Stoff für Lachsalven aus seinem beliebten Büttenrednerprogramm, pickende Gockel verzückten mit faszinierender Technik und ein Pfand fordernder Woodoo-Gott namens „Papa Legba“ brachte drei Darmstädter Musiker zum Blues. Obendrauf das Sahnehäubchen für alle Bühne-Fans: die Session am Ende eines langen, aber sehr unterhaltsamen Abends.
Da gesellten sich Thomas Matthes, bekannt als ein „Tom“ bei Tom&Tom’s Bluestrain, wo er mit Tom Kunzmann singt und spielt, an Mikrophon und Gitarre, Eberhard Petri mit der Gitarre und zwei bis dahin unbekannte Damen mit Querflöte und Saxophon zu den gerade auf Höchstform eingespielten Woodoo-Anhängern von „Papa Legba’s Blues Lounge“. Improvisationen vom Feinsten, zum Mitsingen, Rhythmus klatschen und genießen begeisterten das Publikum. Den perfekten Einstieg schaffte dabei Anja Grebe mit ihrer Performance auf der Querflöte, die sie mit viel Einfühlungsvermögen zwischen Bass, Gitarre und Mundharmonika platzierte. Einige Takte später wagte auch das Altsaxofon erste Töne und Chris Marpe kam zur bunten Mischung dazu: Mit dem eingängigen Klang der Saxofontöne, locker und träge-melodisch mitreißend kam Traumstimmung auf.
Gleich wieder herausgerissen vom tiefgehenden Basssolo von Thomas Heldmann, der auch aus der Kultband „En Haufe Leit“, die mit Jazz- und Dixie-Sound rund um Darmstadt verwöhnen, bekannt ist. Jürgen Queißner ist die Stimme der „Legba-Anhänger“, mit dem Timbre, das zu den keltischen und bluesgefärbten Liedern hervorragend passt und auch beim Jazz harmonisch klingt. Der Dritte im Bunde ist Reiner Lenz, mit verschiedenen Mundharmonikas und der Maultrommel sorgte er für den unverwechselbaren Ragtime und Blues. Oden für unverheiratete Männer haben es dabei dem Trio angetan: „Rattlesnakin‘ Daddy“ oder, fürs Gefühl, der „How-long-Blues“ und Pfirsische im Frühling: „Peaches in a Springtime“ machten den Stil der 1930er bis 1957er Jahre wieder lebendig. Der rote Bass, die silberfarbene, glitzernde Steelguitar und die Harmonikas kommen wieder – und das ist keine Drohung sondern ein gern gehörtes Versprechen.
Aus „Häjne“, zu Deutsch: Hähnlein, kamen Michael Jockel, Konni Braun und Peter Steiner, die beiden letztgenannten sind musikalische Zuwanderer aus Seeheim-Jugenheim. Damit ist auch der Bandname klar: Hähnlein steht dabei für Hahn oder Rooster, der pickt, was die Verbindung zum Spielstil hergibt: dem Picking. Zusammen ergibt das „The Picking Rooster Band“. Mucke zum Reinlegen von Lotterleben und Reue, oder von den Leuten, die dort leben, wo die grausamen Moorhühner tuten und Nessi in den Fluten steckt, die aber verdammt guten Whiskey machen, handelten ihre Lieder. Lebensart pur in Songtexte gefasst und meisterhaft interpretiert mit Instrumenten, die nicht ganz alltäglich sind: So lernten die Rohrheimer die Dobro kennen. Die Resonatorgitarre wird gewöhnlich auf den Oberschenkeln liegend mit einem Slider (Glas- oder Messingrohr, abgetrennter Flaschenhals) am Finger gespielt und bringt damit den typischen Sound. Jockel erlernte das Instrument bereits mit drei Jahren und ist laut Aussage seiner Kollegen heute unschlagbar: er stellte es unter Beweis. Bei „Papa played the Dobro“ wurde es mucksmäuschenstill und auch der Musikernachwuchs aus dem Groß-Rohrheimer Jugendhaus in der Speyerstraße lauschte andächtig.
Die fünf Jugendlichen um Eberhard Petri lernen seit September 2007 Gitarre spielen. Und nicht nur das: Sie singen auch. Lampenfieber gehört bei Premieren dazu, als es etwas verflogen war sangen Constanze, Melanie und Bianca „Love is all around“ von Wet Wet Wet, Petri, Fabian und Florian begleiteten dazu. Der Fanclub aus Mamas, Papas und Geschwistern applaudierte frenetisch. Alle machten mit, sei es beim Refrain singen oder als Chor für ganze Textpassagen, dem Publikum gefiel, was der Nachwuchs zeigte.
Etliche Lachsalven heimste Heinz Burger gewollt ein: Der aus „Hessen lacht zur Fasenacht“ bekannte Fastnachter aus Gernsheim gab Neues und Bekanntes zum Besten. Mit Schürze vorm Bauch und erhobenem Zeigefinger erklärte er auch denen, die es nicht wissen mochten das Mysterium der Leberwurstrezeptur. „Die Erschaffung der Lewwerworschd wird mit Wissensdorschd erforscht“ und erklärt recht hessisch „was noi kummd unn was nedd“. Einer der zusammengeworschdelten eigenen Texte aus seinem Buch mit dem Titel „Hausmacher Worschd“, die oft zum Fazit kommen: „Nix genaues waas mer nedd“. Dass er auch singen kann, oder zumindest dazu animieren, zeigte er als rotnasiger Faschingsrecke mit Spazierstock, der „Man muss für alles eben dankbar sein“ auf wirklich jede erdenkliche Lebenssituation bezog. Eine total verzwickte Hochzeitsreise, die nicht zum erwünschten Vollzug nach dem Motto „Seid fruchtbar und mehret euch“ kam, war Thema am späteren Abend. Die frisch gebackene Ehefrau als Pfand hinterlegt oder ins Fruchtbarkeitsritual der Sioux mit Häuptling „Schwankendes Rohr“ geraten, bleibt die Reise in lebhafter Erinnerung.
Wer nicht da war hat was verpasst: Super Stimmung, nette Leute und ein Programm, das seinesgleichen sucht. Die nächste Offene Bühne ist am Fastnachtsdienstag (05.02.), 20 Uhr im Zorbas, es stehen bereits drei Bands auf der Menuekarte.
Sabine Weidner