Gitarrist und Sänger Spencer Bohren spielt Folk, Blues und Jazz
In den verschiedensten Stilen der amerikanischen Musik zu Hause: Spencer Bohren begeistert seine Zuhörer in der Groß-Rohrheimer Gaststätte Zorbas.
Eine vergnügliche Lektion über die Wurzeln der amerikanischen Musik erteilte Spencer Bohren am Samstagabend gut 50 Zuhörern. Munter plaudernd, mit Gitarre und Gesang führte er von der volkstümlichen Musik der europäischen Einwanderer zur heutigen Folk-Musik, zu Hillbilly- und Country-Musik. Aber vor allem zeigte er seinen Zuhörern in der Gaststätte Zorbas, wie sich all diese Zutaten auf den Baumwollfeldern Louisianas zum Blues kristallisierten und wie, ausgehend von New Orleans, der Jazz entstand.
Rainer Helfert, Sänger in der regionalen Folk-Szene und bekennender Bob-Dylan-Fan, hieß als Repräsentant der Musikkiste, die das Konzert veranstaltete, das Publikum willkommen und stellte Spencer Bohren vor. Der legte gleich los mit Dylans „Ring Them Bells“, und es folgten unzählige weitere alte und neue Titel, die die Zuhörer zum Teil begeistert mitsangen.
Da erklangen alte Spirituals und Gospelsongs wie „The Train Come in“ von Curtis Mayfield oder „Halleluja“. Und dazwischen ein Blues nach dem anderen, so wie er in den Südstaatendörfern erklang. Als schönes Beispiel: „Lovesick Blues“, oder auch aus der Western-Schublade „Honky Tonk Blues“ von Hank Williams.
In der verhältnismäßig jungen amerikanischen Musiktradition steckte allerdings mancher Stoff für Zank und Streit unter den Vertretern der jeweiligen Richtungen. Bohrer, Geburtsjahrgang 1950, erlebte in seiner Familie deutliche Aversionen gegen seine Art des Gitarrenspiels und Gesangs, die in den 60er und 70er Jahren von Elvis Presley, den Beatles und den Rolling Stones beeinflusst waren. Für die Eltern, fromme Baptisten und Kirchensänger, war das geradezu „Teufelszeug“, wie Bohrer augenzwinkernd erzählte. Und erst mit seinem Gospel-Titel „We All Have Wings“ söhnte sich die Familie mit ihm aus. Dazu gab es verständnisvolles Schmunzeln von den Zuhörern, die zum Teil Ähnliches erlebt hatten: den erhobenen Zeigefinger, die Furcht vorm Untergang des Abendlandes und ein striktes Hörverbot – an das sich natürlich auch hierzulande keiner gehalten hat.
Neben dem Blues und dem Rock’n’Roll stellte Spencer Bohren auch jene Lieder vor, die die Sehnsucht nach Freiheit in einem fast unbegrenzten Land beschreiben, ob zu Pferd, mit der Eisenbahn oder inzwischen auch mit einem großen Truck. Das beinhaltet hie und da auch die Mühsal und das Elend der ersten Siedler, die westwärts zogen, der „Hobos“ auf den Güterzügen und der illegalen mexikanischen Wanderarbeiter, der „Deportees“, an die Woody Guthrie erinnert.
Selbst nach fast drei Stunden Konzert war das Publikum immer noch munter dabei und bedauerte lebhaft, dass irgendwann mal Schluss sein muss. Vom kräftigen und langen Schlussapplaus ließ sich Spencer Bohren gerne noch zu Zugaben überzeugen.
© Südhessen Morgen, Dienstag, 26.02.2013 von Hans-J. Eimert